Anfang des Jahres absolvierte unsere Vizepräsidentin Mirabella Knoben ein Auslandspraktikum im Rahmen des Praktikantenaustauschprogramms STEP von ELSA. Im Folgenden findet ihr einen Erfahrungsbericht von Mirabella über ihr Praktikum.

Wenn ihr auch Interesse daran habt, ein Auslandspraktikum – etwa im Rahmen der FFA – über STEP zu absolvieren, findet ihr weitere Informationen bei ELSA-Deutschland e.V. und ELSA International. Euer Vorteil liegt darin, dass die Praktikumsplätze in der Regel bezahlt sind, ihr von der ELSA-Lokalgruppe vor Ort betreut werdet und vieles mehr. Wenn ihr Fragen habt oder mehr erfahren wollt, meldet euch einfach bei Solbaram Walsdorff, die in unserem Vorstand für STEP zuständig ist.

Mirabellas Bericht

Als ich mich im März 2020 vom Referententreffen in Greifswald mit dem Zug auf den Weg zu meinem STEP-Praktikum in Prag machte, hätte ich niemals gedacht, dass nicht mal eine Woche später plötzlich eine innereuropäische Grenze nach der anderen geschlossen und ich mich schon wieder auf dem Heimweg befinden würde.
Voller Freude und Lust, eine neue Erfahrung zu machen, ging ich am ersten Tag meines Praktikums ins Büro und wurde, obwohl ich mich eine Stunde zu früh dort einfand (Mails lesen ist auf jeden Fall meine Stärke), sehr herzlich empfangen. Die Sekretärin und der Chef von „ECOVIS ježek, advokátní kancelář sro“ zeigten mir die gesamte Kanzlei, die sich in einem süßen Innenhof in der Prager Innenstadt befindet, und führten mich zu meinem Arbeitsplatz.

Die Kanzlei, bestehend aus sieben AnwältInnen, bietet Rechtsdienstleistungen für tschechische und ausländische Unternehmenin einer Vielzahl von Wirtschaftsbereichen an.

Zu meinen Aufgaben gehörten vor allem Dinge wie Verträge anpassen, Texte übersetzen oder die Website zu aktualisieren. Vor allem Letzteres hat mir viel Spaß bereitet, da ich dadurch auch ein wenig den Umgang mit WordPress erlernen konnte. Ich konnte auch an einigen Telefonkonferenzen teilnehmen, in denen die letzten Vereinbarungen bezüglich Vertragsabschlüssen o.Ä. getroffen wurden. Spannend war zum Beispiel auch, dass eine bekannte US-Marke plant, einen neuen Standort in Tschechien zu eröffnen und ich dann Einblicke in die Voraussetzungen, Hürden etc. erlangen konnte.

Vier Tage bin ich jeden Morgen in die Kanzlei gegangen und konnte abends noch ein wenig die wirklich wunderschöne Hauptstadt Tschechiens erkunden, bis dann Tschechien all seine Grenzen wegen des Coronavirus geschlossen und der Chef alle ins Home Office geschickt hat.

An dieser Stelle möchte ich ein riesen Dankeschön an Jakúb, den Vorstand für STEP von ELSA Prag, aussprechen. Er hat mich von Tag 1 an über alles informiert, vor allem über die Einschränkungen und Maßnahmen der tschechischen Regierung, die ich sonst mangels meiner tschechischen Sprachkenntnisse nur über Ecken erfahren hätte. Dank ihm habe ich mich nicht ganz so verloren gefühlt.

Nachdem ich mit dem Chef der Kanzlei abgeklärt hatte, dass ich meine Aufgaben auch von Deutschland aus erledigen konnte, war für mich klar, dass ich zu meiner Familie nach Bonn gehen würde. Die Frage war, wie, da der grenzüberschreitende Zugverkehr von jetzt auf gleich komplett eingestellt wurde. Da innerhalb von Tschechien aber die Züge noch halbwegs normal verkehrten, beschloss ich, so weit wie möglich an die tschechisch-deutsche Grenze zu fahren und dann zu schauen, wie ich von dort innerhalb von Deutschland weiterkomme. Glücklicherweise erklärten sich
mein Bruder und Vater dazu bereit, eine fünfstündige Autofahrt nach Furth im Walde auf sich zu nehmen, um dort vor der Grenze auf mich zu warten.

Die Grenzüberschreitung gehört ganz sicher zu einer der surrealsten Erfahrungen meines Lebens. Zu Fuß lief ich von der Bushaltestelle, wo mich der Busfahrer rausgelassen hatte, in Richtung Grenze. Nach ungefähr 10 Minuten kamen zwei Grenzpolizisten auf mich zu, um zu kontrollieren, ob ich deutsche Staatsbürgerin bin. Spätestens in dem Zeitpunkt wurde mir bewusst, in welcher merkwürdigen Lage sich Europa derzeit befindet. Dann auf der anderen Seite der Grenze meinen Bruder und Vater zu sehen, war einfach nur schön. Ich war so froh, zu wissen, dass ich in so einer ungewohnten und schwierigen Zeit meine Familie bei mir haben kann.

Endlich zu Hause angekommen, löste sich die Spannung, die sich in mir aufgestaut hatte.

Die Kommunikation mit der Kanzlei verlief weiterhin gut. Ich habe für die letzten beiden Wochen täglich per Mail ähnliche Aufgaben wie zuvor bekommen. Primär habe ich Artikel der Anwälte übersetzt und diese dann auf der Website veröffentlicht.

Insgesamt kann ich sagen, dass ich froh bin, die Erfahrung gemacht zuhaben. Es war, wie ich finde, ein klassisches Praktikum in einer Anwaltskanzlei. Mangels großartiger juristischer Kenntnisse, konnte ich die AnwältInnen nicht wirklich in ihrer alltäglichen Arbeit unterstützen. Nichtsdestotrotz habe ich in dieser kurzen Zeit viel gelernt und konnte einige Einblicke in die juristische Arbeit eines Anwalts in einer Wirtschaftskanzlei erlangen. Zudem habe ich eine neue Stadt kennengelernt und würde deshalb jedem empfehlen, sich auf ein STEP-Praktikum zu bewerben.

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